Eng mit dem kulturellen Leben der Stadt Oberlahnstein war der Name Hermann Pott verbunden: ob im MGV 1863 Oberlahnstein, im Verkehrsverein Oberlahnstein, im Kirchenchor und Kirchenvorstand oder auch für die CDU in Stadt und Kreis. Anlässlich seines 125. Geburtstages soll an ihn erinnert werden.
Geboren wurde Hermann Pott am 08. Dezember 1900 in Oberlahnstein als Sohn des gleichnamigen Kaufmanns Hermann Pott senior (1872 - 1954) und seiner Frau Anna Maria Salzig (1877 - 1929). Der Vater war um 1880 mit seinen Eltern und seinem Bruder von Hadamar nach Oberlahnstein gezogen und hatte dort seine spätere Frau kennengelernt. Hermann Pott sen. wurde Prokurist, während sein Bruder Wilhelm – wie die Vorfahren, die ursprünglich aus Westfalen stammten – das Schlosserhandwerk erlernte.
Anna Maria Salzig war die Tochter eines Weichenstellers, der ursprünglich Winzer in Osterspai gewesen war. Sie brachte sieben Kinder zur Welt. Der Geburt von Hermann Pott jun. folgten Margaretha (die als Baby verstarb), Clara, Karl, Emma, Anni und Christine.
Hermann Pott jun. wurde Bankbeamter. Nach der Lehre bei der Dresdner Bank, blieb er bis 1932 in deren Koblenzer Niederlassung, arbeitete anschließend von 1934 bis September 1945 bei der Naspa.
1925 heiratete er Maria Lindner (1901 - 1970), Tochter des Möbelhändlers Josef Lindner. Sie wohnten zunächst in der oberen Burgstraße, ab 1932 in der Schulstraße in Lahnstein. Auch sie bekamen sieben Kinder: Heribert, Margarete, Klara, Hermann-Josef, Bernhard, Gottfried und Eberhard.
Zurzeit der Reichspogromnacht wohnten sie in der Adolfstraße 90 in unmittelbarer Nähe der Martinstraße 2, dem Haus des jüdischen Gemeindevorstehers und Großkaufmanns Emil Baer. In dessen Unternehmen war Hermann Pott sen. Prokurist und hatte dort seine Firmenwohnung. Er hielt sich gerade darin auf, als die Nazis die Wohn- und Geschäftsräume verwüsteten. Danach wirkte er völlig traumatisiert. Hermann Pott jun. bekam schon um 1935 den Unmut der Nationalsozialisten zu spüren. Als er seinen jüdischen Bekannten Dr. Paul Baer auf dem Oberlahnsteiner Friedhof freundlich begrüßte und mit ihm sprach, wurde dies umgehend an höherer Stelle gemeldet. In der Stadtgeschichte schreibt Dr. Hubertus Seibert dazu: „Nur mit Blick auf seine große Kinderzahl sahen die NS-Stellen von Potts fristloser Entlassung bei der Nassauischen Landesbank ab.“
Im Februar 1939 wurden Emil Baer, seine Frau und seine in Lahnstein lebenden Geschwister gezwungen, in die Firmenwohnung zu ziehen – das Haus in der Martinstraße wurde zu einem sogenannten Judenhaus. 1941 wurden alle Juden, die sich noch in Lahnstein und der Region aufhielten, nach Friedrichssegen in den Tagschacht umquartiert und ein Jahr später deportiert und ermordet, während Emil Baer unter ungeklärten Umständen im Gefängnis Frankfurt / Sachsenhausen starb.
Nach Kriegsende im Mai 1945 erhielt Hermann Pott endlich die ihm von der NSDAP verwehrte Lizenz als Helfer in Steuersachen und machte sich daraufhin selbstständig: Er eröffnete ein Steuerbüro in der Hochstraße. 1949 wurde er Vertreter bei der Barmer Ersatzkasse. Von 1950 bis 1958 war er Regierungsangestellter beim Landesausgleichsamt Rheinland-Pfalz, Außenstelle Koblenz, und schließlich bis zur Pensionierung 1965 bei der Landesbank und Girozentrale Rheinland-Pfalz, Niederlassung Koblenz.

Für seine Familie kaufte er das von dem Kunstmaler Nikolai von Astudin erbaute Haus in der Gymnasialstraße. Wie sein Bruder Karl (1904 - 1984) war er ein begabter Hobbymaler; ein Talent, das auch seine Söhne geerbt haben. Sohn Gottfried wurde Professor für Kaligraphie. Sohn Hermann-Josef, der heute im Astudinhaus lebt, wurde Raumausstatter, ist aber hobbymäßig für seine Aquarellzeichnungen – inspiriert durch Astudin und seinen Onkel Karl – und Krippenbauten weithin bekannt.
Hermann Pott war aber vor allem Musikliebhaber. Nach der Pensionierung des Oberlahnsteiner Pfarrers Michael Müller im Mai 1932 übernahm er die Leitung des Kirchenchores, der zu den besten am Mittelrhein gehörte. Die Befähigung für dieses Amt hatte ihm die Schule seines Vorgängers vermittelt, nachdem er eine gründliche Ausbildung im Singen bei Musikdirektor Heuchemer in Koblenz erfahren hatte. Unter dem Einfluss von Pfarrer Paul Hergenhahn (ab 1947) führte Hermann Pott den Kirchenchor durch das Einstudieren auch schwierigerer Werke zu beachtlichen Leistungen. Große Messen wurden zumeist an Kirchweihfesten unter Mitwirkung von Orchester und Solisten aufgeführt. Darüber hinaus sang der Kirchenchor zu allen Festen des Kirchenjahres.
Einige der Höhepunkte in seinem musikalischen Lebenswerk waren die Aloysiusmesse von Goeller, die Messe zu Ehren des Heiligen Nikolaus v. d. Flüe von Hilber, die Missa brevis in C von Mozart und Mozarts berühmte Krönungsmesse. Nach der Freilassung der letzten Kriegsgefangenen aus Russland 1955 führte Hermann Pott die Kriegsgefangenenmesse von Carl Riem auf. 1957 durfte der Kirchenchor sein 50-jähriges Bestehen feiern und machte die Jubiläumsfahrt nach Rom, bei der sie sogar Papst Pius XII. im Castel Gandolfo ein Ständchen brachten.
„Trotz der Schwierigkeiten, die ihm in den 1930er Jahren und während des Krieges bereitet wurden, hat er es verstanden, seinen Kirchenchor zusammenzuhalten und seiner Aufgabe im Dienst der Musica sacra [katholische Kirchenmusik] gerecht zu werden“, schrieb die Rhein-Zeitung anlässlich seines 30-jährigen Chorleiterjubiläums 1962. In der Jahresabschlussandacht 1963 sang der Chor zum letzten Mal unter Potts Dirigat. Pfarrer Hergenhahn hatte durchgesetzt, dass Organist Heribert Kissel auch die Leitung des Chores übernahm. Bei seinem Arbeitgeber gestaltete Hermann Pott alljährlich, auch nach der Pensionierung, musikalisch die Weihnachtsfeier mit.
Darüber hinaus war Hermann Pott über 50 Jahre aktiv im Männergesangverein 1863 Oberlahnstein, viele davon auch als Dirigent, Vizedirigent und Vorsitzender und später als Ehrenpräsident des MGV. Unter seinem Vorsitz führte er das 100-jährige Bestehen durch, das ein Höhepunkt im kulturellen Leben der Stadt und für das deutsche Lied war. Für den Verkehrsverein Oberlahnstein, der beispielsweise die Heimatfeste und Volksläufe am Rhein-Lahn-Eck organisierte, war er lange Jahre Kassierer, auch für den CDU-Ortsverband Oberlahnstein. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern der CDU in Lahnstein und arbeitete lange Jahre in der CDU-Kreistagsfraktion und im CDU-Kreisvorstand des ehemaligen Loreleykreises. Am 30. Januar 1973 verstarb Hermann Pott in Lahnstein.

