Vor 20 Jahren starb Motorradrennfahrer Rudi Felgenheier

Als junger Bursche und Lehrling in der gerade gegründeten Mechanikerwerkstatt seines Vaters am Marktplatz sorgte Rudi Felgenheier 1948/49 mit seinem wagemutigen Fahrstil in seiner Heimatstadt für Aufsehen und manchen Ärger unter den Mitbürgern. Doch dem gebürtigen Horchheimer, der seit 1933 mit seinen Eltern in Niederlahnstein lebte, ging es nicht bloß um Fahrvergnügen. Auf seiner alten 125er DKW, an der er viel bastelte und tüftelte, testete und trainierte er mit einem klaren Ziel: Rennfahrer zu werden.

Seinen Einstieg in die Motorsportlaufbahn fand er beim Rennen „Quer durch Neuwied“, das seit 1946 auf einem Innenstadtkurs – heute undenkbar – ausgetragen wurde und in den entbehrungsreichen Nachkriegsjahren Zehntausende Zuschauer anzog. 1949 startete Felgenheier dort als Ausweisfahrer und belegte in der 125-ccm-Klasse den zweiten Platz. Die Rhein-Zeitung bezeichnete ihn daraufhin als hoch talentierten Nachwuchsfahrer. 1950 bestätigte er dieses Urteil eindrucksvoll: Er trat erneut in Neuwied an und siegte, nachdem er vom Start bis ins Ziel geführt hatte.

Mit diesem Erfolg begann ein rasanter Aufstieg: Als erst Neunzehnjähriger gewann er 1950 auf dem Nürburgring und auf der Solitude, 1951 beim Feldbergrennen, dann auf dem Sachsenring. Zwei zweite und zwei dritte Plätze bei weiteren namhaften deutschen Wettbewerben vervollständigten seine beeindruckende Bilanz. Die Presse überschlug sich mit Lob. Nach dem Feldbergrennen schrieb die Zeitschrift Motor und Sport (Heft 12/1951): „(Das Rennen) war die Bestätigung des Könnens eines jungen Mannes, der diesen schwierigen Kurs in einer Manier meisterte, die das helle Entzücken der Fachleute hervorrief … Ein Full-Speed-Man.“ Eine andere Zeitschrift nannte ihn „einen aufgehenden Stern am Rennfahrerhimmel“.

Auch die Firma DKW, auf deren Maschinen Felgenheier seine Erfolge errang, wurde auf ihn aufmerksam und verpflichtete ihn 1952 als Werksfahrer. Damit war er erstmals wirtschaftlich abgesichert und nicht länger – wie zuvor als Ausweis- oder Lizenzfahrer – auf eigene Mittel und Sponsoren angewiesen. Zu seinen Aufgaben zählten neben Training und Rennen auch Vorträge im Namen des Unternehmens, etwa bei zahlreichen DKW-Fanclubs.

Den Höhepunkt seiner Karriere erreichte Rudi Felgenheier 1952, als er auf einer 250er DKW beim Weltmeisterschaftslauf auf der Solitude vor 400.000 Zuschauern einen sensationellen Sieg gegen die gesamte internationale Elite errang. Es blieb der einzige Grand-Prix-Sieg für DKW nach dem Zweiten Weltkrieg.

1953 sollte Felgenheier für seinen verletzten älteren und sehr erfahrenen Kollegen Ewald Kluge bei der legendären Tourist Trophy (TT) auf der Isle of Man einspringen. Er wäre der jüngste Fahrer gewesen, der damals auf diesem über 60 Kilometer langen, extrem anspruchsvollen Kurs gestartet wäre. Doch es kam anders: Beim Training stürzte er schwer und verletzte sich am linken Bein. Trotz intensiver Behandlung blieb eine lebenslange Gehbehinderung zurück. Mit nur 22 Jahren musste Rudi Felgenheier seine vielversprechende Rennfahrerkarriere beenden.

Er übernahm anschließend die Werkstatt seines Vaters in Niederlahnstein, die später von seinen Söhnen weitergeführt wurde. Trotz häufiger körperlicher Beschwerden blieb er ein ausgeglichener und freundlicher Mensch. Auch als er ab Mitte der 1990er Jahre allmählich erblindete, verfolgte er das Renngeschehen mit großem Interesse und pflegte herzliche Kontakte zu seinen ehemaligen Fahrerkameraden im Veteranen-Fahrzeug-Verband.

Rudi Felgenheier verstarb am 20. Oktober 2005 in Koblenz-Güls, wo er viele Jahre gelebt hatte. Seine Kameraden vom Veteranenverein, von denen viele zur Begräbnisfeier kamen, stellten umfangreiches Material über ihn ins Internet und schrieben in ihrem Info-Blatt, was viele dachten und sagten, die ihn kannten: „Wir verlieren mit Rudi Felgenheier einen liebenswerten und bescheidenen Menschen, dem Freundschaft etwas ganz Besonderes bedeutete.“