Tief im Wald, am Ende des Friedrichssegener Tales, liegt ein fast vergessener Ort: der alte Bergmannsfriedhof oberhalb des Tagschachtes, nahe der Quelle des Erzbachs. Rund vier Kilometer von der Lahn entfernt, war er einst die letzte Ruhestätte vieler Bergleute aus Friedrichssegen – heute ist er ein Denkmalgeschütztes Kleinod, das sich die Natur Stück für Stück zurückerobert hat.
Anfang Oktober besuchte ein Filmteam des SWR um Redakteur Michael Kelb den stillen Ort. Gedreht wurde für die Serie „Verlassene Orte“, die in der ersten Novemberwoche in der Landesschau Rheinland-Pfalz ausgestrahlt wird. Unterstützung erhielten die Fernsehleute von Stadtarchivar Bernd Geil und Förster Felix Janz, die spannende Einblicke in Geschichte und Gegenwart des Friedhofs gaben.

„Zwischen 1872 und 1939 fanden hier rund 500 Menschen ihre letzte Ruhe“, berichtete Bernd Geil. Bei genauem Hinsehen sei noch die ursprüngliche Ordnung des Friedhofs zu erkennen – mit Gängen, Absätzen und einer Lindenallee, die das Gelände in Kinder- und Erwachsenengräber teilte. Ein Blick in die im Archiv verwahrten Sterberegister offenbart die Härte jener Zeit: Etwa ein Drittel der Verstorbenen starb bei der Geburt oder im ersten Lebensjahr, ein weiteres Viertel wurde nicht älter als 18 Jahre.
Nur wenige Grabsteine sind heute noch erhalten, viele wurden im Lauf der Jahrzehnte umgestürzt, zerbrochen oder durch Vandalismus zerstört. Rund zwei Dutzend Grabplatten tragen noch die Namen der Verstorbenen und Inschriften, teils mit den traditionellen Symbolen Schlägel und Eisen. Zu den noch lesbaren Gräbern gehört etwa das des Bergverwalters Heinrich Beilstein, der als Lehrling in der Grube begann, sich erst zum Magazin-, dann zum Bergverwalter hocharbeitete und in späteren Jahren als Standesbeamter von Friedrichssegen wirkte. Auch das Grab des kleinen Peter Waldfrost, der 1893 im Alter von nur sechs Monaten verstarb, ist erhalten geblieben. Auf einem Kindergrab ist der rührende Spruch noch lesbar: „Vater, wenn die Mutter fraget, wo ist unser Liebling hin? / Wenn sie weinend um mich klaget, sag, dass ich im Himmel bin.“
Die Grabumfassungen sind teilweise durch die Vegetation gesprengt worden, denn im Lauf der Jahrzehnte hat sich die Natur einen großen Teil des Bergmannfriedhofs zurückerobert und der Wald den Friedhof überwachsen, darunter eine mächtige Zeder, die wohl nach 1872 gepflanzt wurde. Das aus den Grabbepflanzungen verwilderte Kleine Immergrün hat sich über das Gräberfeld ausgebreitet.
Förster Janz erläuterte, dass nur das Nötigste getan werde, um den Friedhof weiterhin begehbar zu halten. Die mächtigen Bäume, die teils direkt auf den Gräbern wachsen und mit ihren Wurzeln manche Grabumfassung sprengen, bleiben unangetastet. Umherliegende Äste werden entfernt, ebenso abgelegte Grablichter und Stofftiere. Eindringlich bittet Janz – auch aus Gründen des Brandschutzes – darauf zu verzichten und die Würde des Friedhofs zu wahren. Nur wenn die Gräber vor weiterem Vandalismus verschont bleiben, können die verbliebenen Grabtafeln noch lange an die hier Bestatteten erinnern.
So bleibt der alte Bergmannsfriedhof von Friedrichssegen ein stiller, eindrucksvoller Ort – Zeuge einer längst vergangenen Zeit und bald auch einem breiteren Publikum im Fernsehen zugänglich.


