1925 feierte die Stadt Oberlahnstein mit einem Jahr Verspätung „600 Jahre Stadtrechte“. Grund der Aufschiebung waren die schlechte wirtschaftliche Lage nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg und die Hyperinflation 1923. Trotzdem wurde es ein großes Fest, das vier Tage über Pfingsten gefeiert wurde, woran heute neben den städtischen Akten und Zeitungen im Stadtarchiv zahlreiche Fotografien erinnern.
Bereits an Pfingstsamstag zogen abends die städtischen Vereine im Fackelzug durch die illuminierte Stadt. An den Anfahrtsstraßen waren Triumphbögen aufgestellt, die Stadttore andeuten sollten. Überall standen geschmückte Birkenstämmchen und es wehten Fahnen mit dem Oberlahnsteiner Stadtwappen oder in den Stadtfarben rot und weiß. Anschließend folgten ein Konzert sowie gesangliche und turnerische Darbietungen im Festzelt.
Nach den Festgottesdiensten am Sonntagmorgen in der katholischen und evangelischen Pfarrkirche traf man sich im Saal des Rathauses Kirchstraße zum Festakt, wo Bürgermeister Dr. Walter Weber sowie Vertreter aller politischen Ebenen Grußworte und Glückwünsche entrichteten. Stadtverordnetenvorsteher Rechtsanwalt Dr. Carl Sturm hielt mit viel Patriotismus die Festrede.

Höhepunkt war am Nachmittag das Nachspielen der Verleihung der Stadtrechte im Jahr 1324 durch Kaiser Ludwig auf dem Marktplatz (heutiger Salhofplatz) mit anschließendem historischem Festzug. Rund 500 Bürger zogen kostümiert in sieben Gruppen durch die Stadt und stellten die Stadtsoldaten, die Bürgerschaft, die Zünfte – Schmiede, Schlosser, Metzger, Bäcker, Schuster, Schneider und Schreiner –, die Ortsverwaltung mit Ortsschultheiß, Ratsherren und Ratsschreiber, die Lahnsteiner Grafen und Ritter, den Erzbischof und Kurfürst von Mainz mit seinem Gefolge sowie Kaiser Ludwig mit seinem Tross dar. Zum Gefolge des Erzbischofs, der auf einer Sänfte getragen wurde, zählten neben den Chorknaben die Fahnenträger, Edle, Kreuzträger mit Kreuz, Johanniter und Tempelritter. Der Kaiser war ebenfalls in Begleitung von Kindern, Knappen, Rittern, den Herolden mit der kaiserlichen Standarte, Fußsoldaten und seinem Kanzler dabei. Die Wagen wurden noch von Pferden und Ochsen gezogen. Die Kostüme, die die Tracht des 14. Jahrhunderts darstellen sollten, ergaben ein „farbig vorzüglich abgestimmtes Bild“, wie die Lahnsteiner Zeitung in ihrem Rückblick lobte. Zusammengestellt wurden Einteilung und Kostüme von Rudolf Miltner, Schauspielleiter am Stadttheater Koblenz. 73 Pferde waren beim Festzug im Einsatz.
Am Abend wurde auf dem alten Marktplatz das Schauspiel „Jedermann“, das Spiel vom Sterben des reichen Mannes, mit 50 Mitwirkenden aufgeführt.
Am zweiten Festtag wurde vormittags auf dem Friedhof den Gefallenen des Ersten Weltkriegs gedacht, dessen Verluste an Menschenleben und Auswirkungen im täglichen Leben des Jahres 1925 noch allgegenwärtig waren. Um 10.00 Uhr startete ein Frühschoppenkonzert auf dem Festplatz mit allen Lahnsteiner Männerchören sowie ein Volksliederchorsingen mit rund 1.000 Lahnsteiner Schülerinnen und Schülern.

Am Nachmittag des Pfingstmontags fanden „große turnerische und sportliche Veranstaltungen auf dem städtischen Spiel- und Sportplatz“ und eine Regatta der Rudervereine auf der Lahn statt. Ein großes Festfeuerwerk von den Pyrotechnischen Werken Berlin beschloss den Pfingstmontag.
Mit weiteren „Volksbelustigungen“ und einer Wiederholung des Festspiels „Jedermann“ fanden die Feierlichkeiten am Pfingstdienstag ihren Abschluss. Noch jahrelang schwärmten die Oberlahnsteiner von diesem außergewöhnlichen Feierwochenende. Über 100 Fotografien hatte ein Koblenzer Fotograf angefertigt, die damals käuflich erworben werden konnten und im Stadtarchiv Lahnstein erhalten sind.