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26. November 2021 Kategorie: Pressemitteilungen

Der Angriff auf den Bahnhof Niederlahnstein vor 77 Jahren- Zeitzeugenbricht von Robert Hastrich

Lahnstein hat Geschichte, Folge 677

Der Bahnhof Niederlahnstein 1935 (Postkarte, Sammlung Stadtarchiv Lahnstein)

Der Bahnhof 1945 in Trümmern (Foto: Robert Hastrich, Nachlass im Stadtarchiv Lahnstein)

Robert Hastrich (1930-2015) aus dem Plenter hat in seinem Tagebuch ausführlich über den Angriff am zweiten Weihnachtstag 1944 geschrieben. Anlässlich der Ausstellung „Bomben auf Lahnstein - Auswirkungen des Luftkriegs vor 77 Jahren“, die noch bis 30. November in der Hospitalkapelle zu sehen ist, werden hier Hastrichs Aufzeichnungen veröffentlicht, die sich im Stadtarchiv Lahnstein befinden.

„Dienstag, 26. Dezember 1944, 2. Weihnachtsfeiertag: Dieser Tag sollte in meinem bisherigen Leben für mich das furchtbarste Erlebnis bringen. Fliegeralarm um 11.52 Uhr. Kaum ist der Sirenenton verhallt, da beginnt schon wieder ein schwerer Luftangriff auf Niederlahnstein, nunmehr schon der dritte in diesem Jahr. Ein Bomberpulk von 80 Maschinen greift erneut den Bahnhof an. Unter schrecklichem Geheul gehen die Bombenteppiche nieder. Diesmal hat man besser gezielt als noch am 2. Dezember, diesmal wird der Bahnhof von 91 Bomben schweren Kalibers getroffen. In einer riesigen Staubwolke versinkt der 1877-1879 erbaute imposante Niederlahnsteiner Bahnhof zu Schutt und Asche, restlos vernichtet, kaum ein Stein blieb auf dem anderen.
Es kam zu einem grauenhaften Blutbad. An jenem 2. Weihnachtstag stand ein Lazarettzug mit Schwerstverwundeten von der Ostfront aus Richtung Limburg kommend vor dem Hauptsignal an der Gartenstraße (Dr. Michel-Straße) und wartete dort auf die Einfahrt in den Bahnhof. Als um 11.52 Uhr überall im Luftwarnkreis Koblenz (also auch in Ober-/ Niederlahnstein) die Sirenen zum Vollalarm aufheulten und sich etwa 80 amerikanische Bomber in drei Wellen aus südlicher Richtung der Stadt näherten, da erhielt ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt der Lazarettzug plötzlich Einfahrt in den Bahnhof. Und es sollte noch schlimmer kommen: Ebenfalls und auch ausgerechnet zum Zeitpunkt, als sich die erste Welle näherte und schon ihre Bomben abwarf, da versuchte noch schnell ein Fronturlauberzug mit Leichtverwundeten und Sanitätspersonal aus Richtung Koblenz kommend den Bahnhof zu passieren. Beide Züge fuhren voll in den Angriff hinein, es spielte sich eine furchtbare Tragödie ab. Durch zahllose Bombenvolltreffer wurden die weithin sichtbar als Lazarettzüge gekennzeichneten Wagen total zermalmt, zerfetzt, verbrannt; es spielten sich Szenen ab, die mit Worten nicht zu beschreiben sind…

Der imposante Bahnhof Niederlahnstein war nicht mehr. Als der Angriff um 12.03 Uhr zu Ende war, eilten fast sämtliche Feuerwehren bis Wiesbaden hinauf unter Sirenengeheul nach Niederlahnstein, um zu retten, was noch möglich war. Hunderte von entsetzten Bewohnern der Stadt eilten zur Katastrophe. Als 14-Jähriger sah ich grauenhafte Bilder, die ich nie wieder vergessen werde. 119 deutsche Soldaten und 36 Zivilisten, die meist in der Unterführung Schutz gesucht hatten, verbrannten bei lebendigem Leibe. Fetzen ihrer total zerrissenen Körper waren durch den Explosionsdruck der Bomben bis auf die Dächer umliegender Häuser geschleudert worden. Ein infernalischer Verwesungsgeruch breitete sich noch tagelang in der Umgebung des Bahnhofs aus. Reparaturkolonnen der Reichsbahn versuchten, sofort nach dem Angriff fieberhaft die Strecke wieder befahrbar zu machen. Schon zwei Tage später waren die Gleise wieder durchgehend frei. Was von den 155 Toten übriggeblieben war, wurde in einem Klassenraum der Volksschule in der Burgstraße aufgebahrt, armselige Bündel, durch die Gluthitze des Feuers geschrumpft zur Kindergröße, mit abgerissenen Köpfen und Gliedmaßen, kaum noch Ähnlichkeit mit dem, was einmal ein Mensch war.

Freitag, 29. Dezember 1944: Heute erfolgte unter großer Anteilnahme der Bevölkerung die Besitzung der meisten der 155 Todesopfer durch einen Angriff auf den Bahnhof am 26. Dezember 1944. Als das Lied vom „Guten Kameraden“ erklang, hatte sogar der hartgesottenste Parteigenosse Tränen in den Augen. Es lag irgendwie eine bedrohliche Spannung über dieser Beisetzung, ich hatte jedenfalls ein solches Gefühl, als ich als HJ-Mitglied daran teilnahm. Zuerst hielten die örtlichen Parteigrößen ihre Ansprachen, erst ganz zuletzt durfte der Pfarrer Menges die Särge einsegnen.
Bei dem Angriff wurde auch das Amtsgericht schwer beschädigt und brannte völlig aus. Auch die erst 1937/38 erbaute Pfarrkirche St. Barbara erhielt sieben schwere Bombentreffer. Sechs Bomben fielen rings um die Kirche, aber eine durchschlug das Dach und explodierte im Innern. Zunächst glaubte man die Schäden, außer dem Dach, seien nicht so erheblich. Doch dann stellte sich heraus, dass die Außenwände der Kirche infolge des Luftdrucks aus der Statik geraten waren.“