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UNESCO Welterbe
17. Juli 2020 Kategorie: Pressemitteilungen

Vor 75 Jahren übernehmen die Franzosen das Besatzungsregiment


Ausweis von November 1945 (Manfred Hergenhahn)

Lebensmittelmarken von 1948 (Slg. Stadtarchiv)

Das Deutsche Reich hatte am 08. Mai 1945 bedingungslos kapituliert, die Siegermächte teilten Deutschland in vier Besatzungszonen auf. Am 10. Juli 1945 übernahmen die Franzosen von den US-Amerikanern das Besatzungsregiment am Rhein-Lahn-Eck. Zunächst erfolgten umfangreiche Beschlagnahmungen, um ihre hier stationierten Soldaten und Offiziere unterzubringen. Während der französische Stadtkommandant in das Gebäude der Casino-Gesellschaft einzog, übernahm die Gendarmerie die Direktorenvilla der Firma Schroeder und Stadelmann. Die Offiziere verteilten sich auf das Café Rasch (Westallee), die Villa des Arbeitsamtes und das Privathaus von Dr. Schulte (Bahnhofstraße). Rund 200 Soldaten waren im Bootshaus, im Hotel Strobel, im Nebengebäude des Arbeitsamtes sowie in den ehemaligen Offizierswohnungen in der Becherhöll untergebracht. Das Wirtshaus an der Lahn wurde Offizierskasino.

Gegenüber den „Nazis“ ging die neue Besatzungsmacht unnachgiebiger vor: Nicht internierte Parteigenossen hatten Radios und Fahrräder abzugeben sowie Arbeitsdienst zu verrichten. Bürger, die entnazifiziert und schuldig gesprochen wurden, wurden als Strafmaßnahme in die leerstehenden Wohnungen im Friedrichssegener Tagschacht eingewiesen, jene Wohnungen, in die 1941/42 die Juden getrieben wurden. Der Oberlahnsteiner Bürgermeister Jakob Bollinger, den die Amerikaner trotz NSDAP-Mitgliedschaft im Amt belassen hatten, wurde nun abberufen, nachdem Beiratsmitglieder dies beim französischen Kreiskommandanten gefordert hatten. Franz Josef Geil, überzeugter Antifaschist und einstiger Führer der Zentrumsjugend, wurde am 2. August zum neuen Bürgermeister von Oberlahnstein ernannt. Er berief einen neuen zehnköpfigen Beirat ein. Hauptprobleme: Enttrümmerung, Wohnungsnot und Ernährungskrise. Da außer technischem Gerät auch eine ausreichende Zahl an Arbeitskräften zur Enttrümmerung fehlte, bestimmte der Beirat, jeden männlichen Einwohner zu 12 Stunden Aufräumungsarbeiten zu verpflichten. Der Schutt landete nicht nur auf dem städtischen Müllplatz oberhalb der Grenbach, sondern auch entgegen der Weisung der Verwaltung im Schillerpark, der nun auf Straßenniveau aufgeschüttet wurde.

Für die Instandsetzung der Wohnungen und öffentlichen Gebäude mangelte es an notwendigen Baustoffen. Daher wurde ein Bauverbot von der Militärregierung erlassen; zwecks Steuerung des Arbeits- und Materialeinsatzes musste die Wiederherstellung kriegsbeschädigter Gebäude beim Kreisbauamt genehmigt werden.

Der Mangel an Rohstoffen und Heizmaterial sowie an Transportmittel beeinträchtigte auch die Lahnsteiner Industriebetriebe, die nach Erneuerung der Betriebsgenehmigung ihre Produktion wieder aufgenommen hatten. Zschimmer und Schwarz produzierte Waschmittel und die chemische Fabrik J. Bollinger Dachpappe, Dachdichtungsmaterial und Fensterglasersatz. Auch die Papierfabrik Feldmühle hatte sich auf die Fertigung von Dachpappe umgestellt. Für die Verpackung von Butter, Margarine und Quark fertigte sie Pergamentpapiere, die in der eigenen Druckerei im Auftrag der umliegenden Molkereien bedruckt wurden. Die Firma Otto Kaiser half beim Neuaufbau der Lahnbrücke und stellte kleinere Baugeräte her. Die Drahtwerke C. S. Schmidt mussten ausschließlich für die Besatzungsmächte arbeiten.

Die Versorgung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern, Kleidung und Schuhen war äußerst unzureichend. Wenn überhaupt waren diese nur gegen entsprechende Kartenabschnitte und Bezugsscheine erhältlich. Die jeweiligen Abgabemengen wurden wiederholt geändert, lagen aber deutlich unter denen von Anfang 1945. Zur Linderung des Bedarfs und zur gerechteren Verteilung der wenig vorhandenen Lebensmittel an die Händler wurde eine Lebensmittelverteilstelle geschaffen. Angestellte der Stadtverwaltung fuhren die Taunusdörfer ab und tauschten Bollingers Dachpappe gegen Kartoffeln. Der Schwarzmarkt blühte. Wenn auch die Einführung der Deutschen Mark am 20.06.1948 wieder zu vollen Schaufenstern führte, war noch nicht alles in ausreichender Menge zu haben, so dass Lebensmittelmarken noch bis 1950 ausgegeben wurden.

Zur Neuordnung von Staat und Gesellschaft begannen die Franzosen in ihrer Zone ihre Politik der Überwachung und Reglementierung aufzuweichen. Im kulturellen und politischen Bereich wurden viele Verbote gelockert. Das Gewerkschaftsrecht wurde wiederhergestellt. Politische Parteien demokratischen und antinationalsozialistischen Charakters wurden wieder zugelassen. Zunächst wurde die Gründung von Bezirksverbänden der Parteien gestattet, in einem zweiten Schritt die Bildung der Orts- und Kreisgruppen. Christlich - Demokratische Partei, Sozialdemokratische Partei und Kommunistische Partei bildeten sich. Am 15. September 1946 fanden die ersten Gemeinderatswahlen statt, bei der die CDU in beiden Lahnstein die absolute Mehrheit erhielt. Am 18. Mai 1947 fanden im neugegründeten Bundesland Rheinland-Pfalz die ersten Landtagswahlen statt, verbunden mit zwei Volksabstimmungen über die Annahme der Verfassung und der Schulartikel (v. a. Konfessions- oder Simultanschule). Während in Niederlahnstein die CDU siegte, und sich eine Mehrheit für die Annahme der Verfassung aussprach, siegte in Oberlahnstein die SPD, die Verfassung wurde mit knapper Mehrheit abgelehnt. Die Schulbestimmungen wurden in beiden Lahnstein mehrheitlich angenommen.

In Niederlahnstein machte der von den Amerikanern eingesetzte Bürgermeister, Hotelier Ludwig Sartori, im November dem Juristen und späteren CDP (CDU)- Mitglied Dr. Ernst Schäfer Platz. Im September 1946 wurde Schäfer vom neugewählten Stadtrat zum ehrenamtlichen Bürgermeister gewählt. Er führte dieses Amt bis Juli 1948 aus, als er zum Vorsitzenden der Spruchkammer in Montabaur berufen wurde.

In Oberlahnstein wurde Franz Josef Geil gewählt. Als Geil im Januar 1948 zum Bürgermeister von Gerolstein ernannt wurde, wurde Karl Heyen sein Nachfolger. Nach dessen Tod kam es im Februar 1949 zur Wahl von Dr. Albrecht Claus als neuem Bürgermeister von Oberlahnstein.

Verkehrsmäßig schritten Enttrümmerung und Reparaturen relativ schnell voran: Ab 25.09.1945 fuhr die Straßenbahn von Koblenz - Ehrenbreitstein wieder bis Niederlahnstein. Eine im Juni 1945 erbaute Pontonbrücke ging im Hochwasser mit starkem Sturm am 10.02.1946 unter und trieb ab. Die Franzosen bauten eine neue Pontonbrücke, die am 18.03.1946 fertiggestellt war und 40 t Tragfähigkeit besaß. Erst mit der Fertigstellung und Einweihung der neuen Lahnbrücke am 22.12.1947 konnte die Straßenbahn wieder bis Oberlahnstein fahren. Brückengeld wurde noch bis 30.09.1949 erhoben. Der Zugverkehr war ab Januar 1946 über die inzwischen gehobene Eisenbahnbrücke vorerst eingleisig möglich. Seit Juni 1947 war auch die Horchheimer Brücke wieder befahrbar und der direkte Zugverkehr nach Koblenz möglich. Da die Hohenrheiner Brücke erst 1948 wieder in Betrieb genommen wurde, endeten die Lahntalzüge in Oberlahnstein. Wer also nach Niederlahnstein wollte, musste dort in die Rheintalbahn umsteigen.