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UNESCO Welterbe
26. März 2020 Kategorie: Pressemitteilungen

Vor 75 Jahren: Amerikanische Besatzung


Jeep der US-Army, hier im Eigentum von Gregor Schmitt-Reineke, der mit seinem Fahrzeug am 12. März 2020 zur kurzfristig abgesagten Ausstellungseröffnung in Lahnstein vorfuhr. Das Fahrzeug trägt die Beschriftung der 87. Infanteriedivision, die am 27. März 1945 Lahnstein eroberte (Foto: Bernd Geil).

Registrierungskarte eines (Ober-)Lahnsteiner Bürgers (Foto: Manfred Hergenhahn)

Lahnstein. Am 27. März 1945 wurden Ober- und Niederlahnstein von den amerikanischen Truppen eingenommen. Sie besetzten zwei Städte, deren Bewohner größtenteils geflohen waren und deren Infrastruktur die Bomben von dreizehn Luftangriffen sowie einem zweiwöchigen Artilleriebeschuss beträchtliche Schäden zugefügt hatten. Beide Bahnhöfe und vier Brücken lagen in Schutt und Asche, Zugverkehr war auf den weitgehend zertrümmerten Gleisanlagen nicht möglich. Die Versorgung mit Strom, Wasser und Gas war aufgrund der Leitungsschäden für längere Zeit unterbrochen.

Die kämpfenden Truppen beschränkten sich auf erste, vorläufige Maßnahmen. Die in den letzten Kriegstagen erschütterte öffentliche Ordnung war wiederherzustellen. Der Niederlahnsteiner Bürgermeister Peter Weinem und weitere NS-Führer wurden abgeführt, der Hotelbesitzer und erklärte Gegner des NS-Regimes Ludwig Satori vom Befehlshaber der US-Truppen zum Bürgermeister ernannt. Der letzte kommissarische Bürgermeister von Oberlahnstein Jakob Bollinger wurde trotz NSDAP-Mitgliedschaft weiter in seinem Amt geduldet.

Zunächst wurde eine nächtliche Ausgangssperre erlassen. Trotzdem kam es zu Plünderungen von Lebensmitteldepots und Privatwohnungen sowohl durch Einwohner beider Städte als auch durch die hierher zur Zwangsarbeit verschleppten Ausländer: Militärische Proviantmagazine in Niederlahnstein, unbewachte Eisenbahnwaggons auf dem Güterbahnhof Oberlahnstein, verlassene Offizierswohnungen in der Becherhöll, Rohtabak u. a. aus Firmendepots in Friedrichssegen und Oberlahnstein.

Einige Tage nach der Besetzung der Stadt durch die Amerikaner ordnete der örtliche amerikanische Militärbefehlshaber an, dass innerhalb von nur wenigen Stunden der westlich der Adolfstraße befindliche Stadtteil von der Bevölkerung total geräumt werden muss. Die in diesem Stadtteil wohnenden Einwohner suchten und fanden Aufnahme bei ihren Mitbürgern, die östlich der Adolfstraße wohnten. Einige Tage später ging der Befehl in die entgegengesetzte Richtung. Jetzt musste der östlich der Adolfstraße gelegene Stadtteil geräumt werden. Schnell und reibungslos fanden diese nun Aufnahme bei den Mitbürgern westlich der geräumten Zone. Solidarität und Hilfsbereitschaft der Menschen untereinander waren in dieser Zeit der Not ein hohes Gebot. Als die Menschen in ihre Häuser zurückkehren durften, erlebte so mancher eine böse Überraschung, viele Zimmer waren leer. Mancher fand Zigaretten, Kekse und Kaffeebohnen als Entschädigung vor.
Ab April 1945 wurden in der Deines-Bruchmüller-Kaserne die Polen, Russen und anderen ehemaligen Zwangsarbeiter aus dem ganzen Landkreis untergebracht. Am 1. Mai waren es bereits fast 10.000, darunter 3.000 Frauen und Kinder. Immer wieder brachen Banden in die Keller beschädigter Häuser in Niederlahnstein und plünderten Wäsche, Schuhe, Esswaren und Getränke. Auch verwüsteten sie das Kloster auf dem Allerheiligenberg.

Die Kampftruppen wurden Mitte April durch Besatzungstruppe der 15. US-Armee abgelöst. Sie richteten ihre Dienststellen in den Rathäusern sowie in anderen zu Besatzungszwecken beschlagnahmten Gebäuden wie dem Collegium Carolinum (heute befindet sich dort das Altenheim St. Martin) und dem ehemaligen HJ-Heim (Schulstraße) ein. Mobiliar und Arbeitsmittel beschafften sie sich durch Requisitionen bei Behörden, Betrieben und Privatleuten. Als Grundlage zur Verwaltung ihrer besetzten Gebiete wurde von der US-Militärbehörde Mitte April die Bekanntmachung „An die Zivilbevölkerung“ erlassen. In 17 Abschnitten war für Jedermann nachzulesen, was er zu tun und zu lassen hatte: Für jede Gewaltanwendung von Zivilisten gegen die amerikanischen Streitkräfte wurden drakonische Maßnahmen angedroht. Für die Nächte wurden Totalverdunkelung und Ausgangssperre angeordnet. Radioapparate waren abzugeben. Verboten war z. B., sich ohne Erlaubnisschein weiter als 6 km von seinem Wohnsitz zu entfernen oder die Ansammlung von mehr als 5 Personen zu Diskussionszwecken. Für öffentliche Vergnügungsveranstaltungen musste die Erlaubnis der amerikanischen Militärregierung eingeholt werden. Zeitungen, Veröffentlichungen und Plakate jeder Art durften weder gedruckt noch verteilt werden.

Zur Überwachung der Lahnsteiner Bevölkerung musste sich jeder Einwohner eine Kennkarte ausstellen lassen, zu der auch Fingerabdrücke abgenommen wurden.
Weitere vorrangige Maßnahmen bildeten die Säuberung der Behörden von „Nazis“, die Beseitigung der gravierendsten Kriegsschäden und die Sicherung der Versorgung mit Lebensmitteln und Gütern des täglichen Bedarfs. Im Auftrag der Besatzung wurden neben Raps, Hafer und Gerste bei Lahnsteiner Firmen auch mehrere Schiffsladungen im Hafen beschlagnahmt und Waren wie Seifenzeug und Milchpulver zu einem Pfund pro Kopf an die Bevölkerung verteilt. Im Saalbau der Gaststätte Marksburg in der Hochstraße wurde Ende Mai eine öffentliche Küche errichtet, die viele Einwohner mit warmen Essen versorgte.

Zur notdürftigen Instandsetzung der Verkehrswege wurde am 23. Juni 1945 eine von der Firma Otto Kaiser erbaute Pontonbrücke dem Verkehr übergeben. Die neue Straßenbrücke konnte erst Ende 1947 in Betrieb genommen werden.

Unterstützt durch Hilfspolizisten aus den Reihen ehemaliger Systemgegner durften die städtischen Verwaltungen und Polizeidienststellen beider Städte schon nach kurzer Zwangspause ihre Arbeit wieder aufnehmen.

Bereits am 10. April 1945, kaum zwei Wochen nach dem Untergang des NS-Regimes am Rhein-Lahn-Eck und vier Wochen vor (!) der deutschen Kapitulation (am 8. Mai 1945 in Berlin), stimmte der amerikanische Ortskommandant der Bildung eines aus allen sozialen Schichten der Bürgerschaft zusammengesetzten Beirates in beiden Städten zu. Diese Beiräte als Vorgänger der im September 1946 gewählten Gemeinderäte gehörten zu den ersten Bürgerausschüssen im gesamten Mittelrheingebiet. Sie tagten unter Vorsitz des Bürgermeisters zweimal im Monat und berieten elementare Probleme wie die Versorgung, Wohnungsnot und Beseitigung der Kriegsschäden. Unter anderem wurde die Beschlagnahme der von der Wohnungskommission registrierten überzähligen Wohnräume angeordnet. Auch verfügte der Beirat eine Bestandsaufnahme der Schuhe und Textilien in Lahnsteiner Geschäften. Die nach Friedrichssegen ausquartierten früheren `Nazis´ wurden von ihnen zwangsweise zur Wiederherstellung des Judenfriedhofs verpflichtet. NS-Embleme wurden an allen Denkmälern beseitigt. Ein Amt für Wiedergutmachung wurde eingerichtet. Im Zuge der politischen Säuberung der Stadtverwaltung Niederlahnstein entließ der dortige Beirat die drei städtischen Beamten.

Diese Phase enger Kooperation zwischen Beirat und Besatzungsmacht fand am 10. Juli 1945 ihr Ende. Die Franzosen übernahmen mit einem wesentlich strengeren, hierarchisch strukturierten Besatzungsregiment die Verwaltung der Bezirke Koblenz und Trier und der westlichen Zone von Hessen-Nassau.